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Der Kommentar
 

Dafür oder Dagegen – Eine Frage der Perspektive?!

von Roland Spitzer

Nicht schon wieder Stuttgart 21 – dies werden sicher manche Leser und Leserinnen denken. Aber Stuttgart 21 steht nicht nur für einen Bahnhof. Vielmehr ist es auch exemplarisch für den Umgang mit der Demokratie in unserer Gesellschaft!

In unserer Kultur etablierte sich Protest meist darin, dass gegen ein Vorhaben demonstriert wird.  Gegen etwas zu sein, wird vielfach auch mit Fortschrittsfeindlichkeit gleichgesetzt. Nur wer für etwas ist, der möchte gestalten und die Welt positiv verändern. 

Dies machen sich die Nutznießer von S 21 zu eigen und haben ihre Propaganda darauf ausgerichtet, mit allen Mitteln zu erklären, wie schwer es in Deutschland ist, für etwas zu protestieren. Möglicherweise soll damit auch die Diskrepanz der unterschiedlichen Teilnehmerzahlen erklärt werden.

Dabei ist es in Deutschland überhaupt nicht schwer, für etwas zu demonstrieren: Demo anmelden und gleich Gesinnte finden! Sollten diese nicht kommen, so liegt dies nicht am schlechten Demonstrationsrecht, sondern am fehlenden Zuspruch für das eigene Vorhaben!

In Stuttgart demonstrieren die Menschen eben nicht gegen einen Umbau des Bahnhofes. Sie demonstrieren für einen nachhaltigen und aus volkswirtschaftlicher Sicht kostenbewussten Umbau. Hierfür haben sie auch eine Konzeption für den Kopfbahnhof – K 21 – erarbeitet. Diese wird in einer der kommenden Schlichtungsrunden der bundesdeutschen Öffentlichkeit vorgestellt.

Doch wofür stehen die sogenannten Befürworter von S 21? Aus meiner Sicht treten diese nicht für etwas, sondern gegen einen nachhaltigen Umbau des Kopfbahnhofes ein, welcher nicht nur ein zukünftig sinnvolles Verkehrsaufkommen aufnehmen soll, sondern auch finanzielle Ressourcen volkswirtschaftlich sinnvoll einsetzt.


Die Frage ob Dafür oder Dagegen, kann somit nicht ohne weiteres beantwortet werden. Leichter wird es, wenn eben diese dahin gehend gestellt wird, wem das Vorhaben von Nutzen ist. Ist ein Projekt für einige Wenige oder für die Allgemeinheit von Nutzen? Erst nach Beantwortung dieser Frage wird es relativ einfach, ein Projekt nach seinem gesellschaftlichen Nutzen zu beurteilen!

Leider ist es in der heutigen Protestkultur eher üblich, gegen etwas zu sein. Gegen Hartz IV, gegen Spekulationen an den Börsen, gegen Dumpinglöhne, etc.! Auch wenn man für etwas eintritt, wie beispielsweise den Mindestlohn, dann werden in der Regel keine schlüssigen Konzepte angeboten. Natürlich werden Mindestlöhne in einigen Branchen auch zum Abbau von Arbeitsplätzen führen! Dies zumindest in einigen Branchen, in denen zu viel Menschen beschäftigt werden. 20 Friseusen auf 100 Menschen sind einfach zu viel – so schnell wachsen niemandem die Haare! Ein Mindestlohn würde eventuell nur noch 5 Friseusen ein gutes Einkommen und zugleich einen sinnvollen Arbeitstag bescheren. Doch die Antwort darauf, was dann mit den verbliebenen Friseusen geschehen soll, wird einfach nicht gegeben.

Eine Antwort, welche auch eine Veränderung der Arbeitswelt beinhalten muss. Geht es doch um gesellschaftlich notwendige und gesellschaftlich gewollte Arbeit, in welcher die bislang lohnabhängige Beschäftigung nicht mehr im Vordergrund stehen wird. Dies würde aber auch das Primat der kapitalistischen Wirtschaftsordnung infrage stellen!

Die Protestierenden von Stuttgart beschreiten hier neue Wege. Sie geben mit dem Projekt K 21 auch Antworten und weisen Wege in eine gesellschaftlich vernünftige Zukunft! Man kann sich nur wünschen, dass dies ein zukunftsweisendes Modell für unsere Gesellschaft ist!

 

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